Lydia ist tot! Die Nachricht von ihrem Tod verbreitete sich in der Seniorensiedlung in Windeseile, wie ein Lauffeuer. Die 86-jährige hatte noch einen Tag vorher mit ihrer Flöte am offenen Fenster Lieder und Choräle gespielt. Seit vielen Jahren öffneten die Senioren um acht Uhr die Fenster, wenn Lydia sie mit ihren Musikstücken erfreute. Die Flöte ist verstummt; jetzt gehen die Fenster nicht mehr auf.
Lydia wohnte im Erzgebirge. Sie fand kurz nach der Wende in einer Wanderhütte ein Neues Testament. Sie erzählte: »Ich las fleißig in der Bibel, und Gott schenkte mir immer Christen zur Seite, die mir den Inhalt der Bibel erklärten. So durfte ich begreifen, dass Gott mich liebt und sein Sohn, Jesus Christus auch für meine Sünden am Kreuz gestorben ist. Das machte mich sehr froh und dankbar. Ich habe mich gefragt: Wie können andere Menschen an meiner Freude teilhaben? Da kam mir die Idee, morgens am offenen Fenster zu musizieren. Als Flüchtlinge aus Syrien zu uns kamen, durfte ich einer Familie helfen, die deutsche Sprache zu erlernen. Anhand der Gideon-Bibel in ihrer Heimatsprache und der deutschen Übersetzung vermittelte ich die deutsche Sprache. Meine 16-jährige Enkeltochter hat mich überrascht, als sie sagte: *Oma, ich möchte einmal so werden wie du. Du weißt, wozu du lebst!*«
Wenn Gott jemandem das Herz öffnet, damit er auf seine Worte hören kann, verändert das nicht nur diesen Menschen, sondern auch seine Umgebung. Wie ein Lichtstrahl, der in einen dunklen Garten fällt, wird der Blick plötzlich frei auf etwas Schönes, was man bisher nicht wahrnehmen konnte. Und wenn man mit einem solchen Menschen Umgang pflegt, dann wird man bald darauf stoßen, was aus ihm einen so angenehmen Menschen machte.
Detlef Kranzmann
- Kennen Sie auch so einen Menschen?
- Gott liebt den, der fröhlich und bereitwillig gibt, und er beschenkt ihn, damit er anderen Gutes tun kann.
- Apostelgeschichte 16,11-15.40
Mit Autor/in Kontakt aufnehmen
Neu: Jetzt als Podcast