Heute haben Kinder oft schon im Kindergarten Schwimmunterricht. Und in der Schule können die allermeisten Kinder schwimmen. Ich dagegen lernte Schwimmen erst im Alter von 33 Jahren. Zu meiner Entschuldigung muss ich sagen, dass es zu meiner Jugendzeit noch keinen geregelten Schwimmunterricht gab. Und im Sommer, wenn meine Freunde sich im Badesee tummelten, mussten meine Geschwister und ich in der elterlichen Landwirtschaft bei der Heuernte mit anpacken. Aber das war nicht der einzige Grund, warum ich so spät schwimmen lernte.
Zwar wusste ich, wie man sich im Wasser bewegen muss, aber die Übereinstimmung der Bewegung mit der Atmung wollte und wollte nicht gelingen. Immer wieder suchten meine Füße den rettenden Grund des Nichtschwimmerbeckens - bis ich eine mutige Entscheidung traf: Ich gehe ins tiefe Wasser, ins Becken für Schwimmer!
Hier machte ich eine entscheidende Entdeckung: Das Wasser trägt meinen Körper nur dann, wenn ich tief eingeatmet habe. Sobald ich aber die Luft ausatme, sinke ich nach unten. Als ich das realisiert hatte, ging der Rest wie von selbst.
Was beim Schwimmen gilt, gilt auch für unseren Glauben an Gott. Der englische Theologe John Henry Newman prägte den Satz: »Gebet ist das Atemholen der Seele.« Nur, wenn wir uns im Gebet vertrauensvoll an Gott wenden, wird er sich finden lassen. Mit bloßem Diskutieren und Argumentieren kommen wir nicht weiter. Wir müssen den sicheren Boden verlassen, uns ins »tiefe Wasser des Glaubens« trauen und es mit Gott wagen - auch wenn das einiges an Überwindung kostet. Nur dann werden wir erleben, dass der Glaube an Gott trägt - wie das Wasser nach tiefem Atemholen.
Günter Seibert