Eigentlich lautet das Gebot: »Nicht wirst du morden.« Es geht also darum, dass es niemandem erlaubt ist, ein Menschenleben auszulöschen, weil man Rache üben oder dadurch einen Gewinn erzielen oder eine »neue Weltordnung« aufrichten will.
Die Parole »Soldaten sind Mörder!« ist deshalb ganz falsch; denn sie sollen uns beschützen, wenn uns jemand angreift. Wer das für unnötig hält, muss sehr selbstgerecht und kurzsichtig sein und die lange, wunderschöne Friedenszeit, die wir seit 1945 genießen, für das Normale in dieser Welt halten, obwohl Nachrichten aus aller Welt das Gegenteil sagen. Wie verdreht unser Rechtsempfinden geworden ist, möchte ich noch an einem anderen Beispiel zeigen:
Vor ein paar Jahren hatte eine Frau ihr neugeborenes Baby ermordet und in die Kühltruhe gelegt. Als das herauskam, ging ein Aufschrei durch die Bevölkerung, weil man sich solche Barbarei in unserem friedlichen Deutschland einfach nicht vorstellen konnte. Dabei wissen wir nicht, warum die Frau das getan hat, höchstwahrscheinlich hat sie dem Druck nicht länger standhalten können. Sie wurde zu etlichen Jahren Haft verurteilt. Ich denke, da wurde ein Verbrechen geahndet. Aber hätte sie das gleiche junge Menschenleben ein halbes Jahr früher ausgelöscht, würde das gleiche Delikt die Krankenkasse bezahlt haben, und niemand hätte etwas dagegen gehabt.
Stimmt es aber wirklich, dass niemand etwas dagegen gehabt hätte? Doch einer ist da, der alles registriert. David sagt von Gott: »Du besaßest meine Nieren, du wobst mich im Leib meiner Mutter … Meinen Keim sahen deine Augen, und in dein Buch waren sie alle eingeschrieben« (Psalm 139,13.15).
Hermann Grabe