Der heutige Tagesvers nennt eine Bitte aus dem Vaterunser, die wir damit an unser Verhalten koppeln. Wir bitten Gott, er möge uns so vergeben, wie wir denen vergeben, die an uns schuldig geworden sind. Von Gott erwarten und erhoffen wir, dass er auf unser Versagen nie wieder zu sprechen kommt, wenn er uns vergeben hat; aber das dürfen wir nur erwarten, wenn wir auch nichts Vergebenes bei passender Gelegenheit wieder hervorkramen, um es unserem Nächsten aufs Neue unter die Nase zu reiben. Wenn wir glauben können, dass Gott unsere Sünden »hinter seinen Rücken geworfen und ins tiefste Meer versenkt« hat, dann wollen wir aus Dankbarkeit gegenüber Gottes Güte auch von Herzen alles Unrecht vergeben, das uns angetan wurde.
Ja, aber wenn wir ganz tief verletzt wurden? Haben wir dann nicht das Recht, das auch zu zeigen? Ich weiß wohl, dass der Teufel uns immer wieder an solche Ereignisse erinnern will. Und er hat dann seine höllische Freude daran, wenn wir unsere Wunden betrachten und nicht aufhören, auf Vergeltung zu sinnen. Das ist aber das gefährlichste Mittel, um Zwietracht, Missmut und Misstrauen wachsen zu lassen. Herzliche Verbundenheit, Liebe und Mitgefühl können da nicht aufkommen. Wie traurig sieht es dann in solcher Ehe und Familie aus! Wie bringen wir uns dann selbst um all das Gute, das Gott uns in diesen innigsten Gemeinschaften schenken will! Nein, wir sollten klar erkennen, dass nur unser altes, böses Herz verwundet werden kann. Wenn wir als Christen wirklich ein neues Leben bekommen haben, so ist das für alles Selbstmitleid und für alle Rachegedanken gestorben und wir können im Bewusstsein der Vergebung und Liebe des himmlischen Vaters auch von Herzen vergeben. Gott möge es allen schenken, die Gottes Vergebung bereits kennengelernt haben.
Hermann Grabe
- Wie gehen Sie mit Verletzungen um? Gerade auch mit solchen, für die Sie noch nie wirklich um Vergebung gebeten wurden?
- Jemand, der perfekt sein will, sollte lernen zu vergeben. Wie Gott mir, so ich dir.
- Lukas 17,1-6
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