Samstag, 18. März 2006

Leitvers

Und ich pries die Freude, weil es für den Menschen nichts besseres unter der Sonne gibt, als zu essen und zu trinken
und sich zu freuen. … die Tage seines Lebens hindurch.

Prediger 8,15

Fremde Kulturen

Gäste haben’s nicht leicht (1)

Wenn Uiguren – ein Turkvolk mit etwa 9 Millionen Menschen muslimischen Glaubens und überwiegend sesshaft im Norden Chinas (Zentralasien) – wissen, dass man zu Besuch kommt, muss man einen halben Tag einplanen. Mit dem Kochen beginnen sie nämlich erst, wenn der Gast tatsächlich da ist. Während die Hausfrau in der Küche wirbelt und oft sogar zwei verschiedene Hauptgerichte zubereitet, bekommt der Gast Tee und verschiedenste Knabbereien vorgesetzt. Andere Mitglieder der Familie – oder der Fernseher – unterhalten ihn in der Zwischenzeit.
Also habe ich meine Nachbarin heute ohne Anmeldung besucht. Sie hat ihre Einladung öfter wiederholt, also war sie ernst gemeint. Trotz des spontanen Besuchs türmten sich bald die Speisen vor mir auf dem Tisch. Die Uiguren sind enttäuscht, wenn man nur wenig isst und nicht alles probiert. Ihrerseits essen sie aber anfangs nur ungern das, was Ausländer ihnen vorsetzen oder mitbringen. Dahinter steckt vielleicht die Angst, in unserer Küche könnte Schweinefleisch gekocht worden sein. Oder wer weiß was.
Deshalb war es ein besonderes Erfolgserlebnis für mich, dass sich meine Nachbarin und ihr Sohn den Apfelkuchen schmecken ließen, den ich für sie gebacken hatte. Allerdings packten sie mir den Teller, auf dem ich den Kuchen gebracht hatte, beim Gehen wieder mit ihren Kleinigkeiten voll. Die Menschen versuchen, alles, was sie bekommen, mindestens ebenbürtig zu erwidern. Man führt so eine Art »virtuelles Konto« und möchte dem anderen nichts schuldig bleiben. Mit wachsender Freundschaft kann man dann auch mal länger damit warten, den »Kontostand« auszugleichen. (Fortsetzung siehe nächster Tag) Gottfried Piepersberg
Frage
Spüren Sie auch manchmal den Druck, etwas Empfangenes ausgleichen zu wollen?
Tipp
Gott gegenüber werden wir niemals »ebenbürtig« sein. Deshalb sollten wir lernen, dankbar anzunehmen, was er uns schenkt.
Bibellese
Johannes 13,31-35

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