Gerade waren sie noch Freunde in ihrem Verein, die miteinander durch dick und dünn gingen, dann wechselte einer der Fußballstars für Millionen die Farben, und jetzt sind sie erbitterte Gegner. Die Vorstandvorsitzenden in den Großunternehmen wechseln auch von AG zu AG und werden über Nacht zu den erbittertsten Konkurrenten gegenüber ihrem früheren Arbeitgeber. Wenn nun bei meinem Konkurrenten am Markt gerade von einer kleinen Missstimmung zwischen Inhaber und Verkaufsleiter berichtet wird, soll ich da nicht fix zuschlagen, bevor ein anderer den guten Mann wegschnappt?
Als Christ fällt mir da das zehnte Gebot ein. Es sieht so aus, als würde das Abwerben von Mitarbeitern von Gott auf die gleiche Stufe gestellt wie Ehebruch. »Lass die Finger von der Frau und auch von dem Mitarbeiter deines Nächsten!« Muss es denn wirklich so radikal gesehen werden, wie es Jesus in Matthäus 5,27 so ausdrückt: »… jeder, der eine Frau ansieht, sie zu begehren, hat schon Ehebruch mit ihr begangen in seinem Herzen.« Ich ergänze in Gedanken: Wer den Mitarbeiter seines Konkurrenten ansieht mit dem Wunsch, ihn abzuwerben, hat ihn schon in seinem Herzen gestohlen.
Ich erinnere mich gut an einen tüchtigen Mitarbeiter eines Wettbewerbers, der als Lagerverwalter mit großem Engagement seine Kunden beriet und bediente. Manchmal kam mir der Gedanke: Den könnte ich mir gut vorstellen in unserem Team. Aber zum Glück tat ich nichts um ihn abzuwerben. Über zehn Jahre nach meinem ersten Kontakt kam er zu mir – ohne Abwerbung – ich konnte bis zu meinem eigenen Ruhestand sehr erfolgreich mit ihm zusammenarbeiten. Eberhard Liebald