Gibt es den Weihnachtsmann?

In meiner Zeit als Lehrerin erlebte ich einmal folgende Situation: Ein süßer, blond gelockter Zweitklässler mit einer runden Brille kam völlig aufgelöst und weinend zu mir ans Pult. Auf die Frage, was denn los sei, schaute er mich mit verweinten Augen an und sagte: »Der ... hat gesagt, dass es keinen Weihnachtsmann gibt! Stimmt das?« Es folgte eine erneute Tränenflut. Mit dieser Frage brachte er mich kurz aus dem Konzept, denn was sollte ich darauf antworten? Ihm die Wahrheit sagen und seine Welt endgültig aus den Angeln heben, oder ihn weiterhin in seinem Glauben lassen, damit er noch ein paar Monate oder Jahre in seiner schönen Traumwelt weiterleben konnte?

Ich kann mich heute nicht mehr daran erinnern, was ich dem Jungen geantwortet habe, und dennoch hat sich mir diese Geschichte eingebrannt. Ich erinnere mich sehr gut daran, wie grausam ich es fand, ein Kind bewusst anzulügen, weil ich wusste, dass eines Tages der Zeitpunkt kommen würde, an dem die Wahrheit ans Licht kommt.

Doch kommt so eine Situation nur im Leben von Grundschülern vor? Oder ist es nicht vielmehr so, dass auch wir Erwachsenen gewissen Lebenslügen aufsitzen? Wie oft scheuen wir uns, der Sache auf den Grund zu gehen und die Wahrheit herauszufinden. Manchmal ist es bequem, Lügen wie »Mit dem Tod ist alles aus«, »Ich kann glauben, was ich will« oder »Alle Wege führen zu Gott« zu glauben. Oft ist es wirklich (für den Moment) angenehmer, die Frage nach der Wahrheit aufzuschieben, kein »Was, wenn doch?« zuzulassen. Aber seien Sie versichert, dass der Zeitpunkt kommen wird, an dem solche Lügen aufgedeckt werden, spätestens nach dem Tod in der Ewigkeit. Deshalb ist es wichtig, nicht einfach nur das zu glauben, was einem das beste Gefühl gibt, sondern sich auf die Suche nach der Wahrheit zu begeben.